Bipolare Störung (BPS) - himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt
Dies beschreibt wohl am treffendsten die Bipolare Störung
Kein Geringerer als Winston Churchill litt auch unter dem „black dog“, wie er selbst seine depressiven
Verstimmungen nannte. Menschen, die von der bipolaren Störung betroffen sind, zeichnen sich dadurch aus, dass sie
andere Menschen geradezu magisch anziehen und zugleich wieder vehement abstoßen. Die BPS ist eine schwerwiegende,
meistens chronisch verlaufende psychische Erkrankung. Kennen vielleicht auch Sie so einen (meistens)
charismatischen Typen?
Auf Englisch heißt die „Posttraumatische Belastungsstörung“ - post traumatic stress disorder (PTBS). Wie der
Name schon sagt, wird sie meistens durch ein traumatisches Ereignis ausgelöst, allerdings nicht unbedingt
unmittelbar danach, sondern oftmals erst nach einiger Zeit. Bis das ganze Ausmaß der psychosomatischen Erkrankung
erkennbar wird, können sogar sechs Monate und mehr vergehen.
Eine BPS ist durch starke Stimmungsschwankungen und manisch-depressive Phasen gekennzeichnet. Die Krankheit ist
aber schwer einzugrenzen. Dies zeigt auch ihre Klassifizierung in der ICD-10. Es handelt sich dabei um die von der
WHO eingeführte internationale statistische Klassifikation der Krankheiten. Allein bei der affektiven bipolaren
Störung mit dem Code F31 werden darin zehn Unterformen aufgeführt (F31.0 bis F31.9).
Eine bipolare Störung stellt eine große Beeinträchtigung dar, sowohl für den Betroffenen als auch für seine
Mitmenschen. Wie oben bereits erwähnt verfügen die Betroffenen oft über ein überaus beeindruckendes Charisma, mit
dem sie ihre Mitmenschen zugleich bezaubern und manipulieren. Während eines Stimmungshochs können diese Menschen
ein echtes Erlebnis sein, doch in der Phase des Tiefs verletzen die Betroffenen ihre Freunde, igeln sich ein und
brechen alle Brücken ab.
Obwohl sich viele der Betroffenen ihres psychischen Problems durchaus bewusst sind, ist die BPS nicht heilbar
und endet oft genug im Suizid. Statistisch gesehen versucht jeder vierte Erkrankte mindestens einmal, sich
umzubringen. Da es praktisch keine Heilung gibt, muss der Betroffene lernen, mit der Krankheit zu leben und damit
umzugehen. Die Rückfallquote nach stationärem Klinikaufenthalt liegt immerhin zwischen 28 und 44 Prozent.
Manie versus Depression
In der folgenden Tabelle soll versucht werden, kennzeichnende Unterschiede zwischen manischen und depressiven
Phasen herauszuarbeiten. Dabei sind allerdings auch Mischzustände möglich.
Manie
|
Depression
|
himmelhoch jauchzend, zugleich stark gereizt
|
extrem trübselig und gedrückt, geradezu apatisch |
stark euphorisch, nach außen als Lebensfreude ausgedrückt |
gehemmtes Gefühlsleben, Abstumpfung, Angstzustände und Pessimismus |
total aufgedrehtes Verhalten beim Denken und Sprechen, was von sehr nervösen Bewegungen begleitet
ist |
alles findet extrem verlangsamt und träge statt |
ausgeprägtes, geradezu hemmungsloses Kontaktbedürfnis, leichtsinnig, impulsiv bis aggressiv |
totaler Rückzug in die private Isolation |
extrem unternehmungslustig |
ohne jegliche Lust und Freude |
hochgradige Kreativität
|
Keine Idee und „null Bock“ |
kaum ein Schlafbedürfnis |
entweder Schlafstörungen oder viel zu lange Schlafphasen mit ausgeprägtem morgendlichen
Stimmungstief |
grenzenloses Selbstwertgefühl und Selbstbewusstsein |
Selbstzweifel, Mutlosigkeit, Schuldgefühle und Selbstmordgedanken |
Keine einfache Diagnose
Es sind Meister der Täuschung und Selbsttäuschung. Da sie nur zu ihrem Stimmungshoch mit ihrer Umwelt
kommunizieren, lässt sich ihre psychische Störung anfangs kaum ausmachen. In aller Regel dauert es mindestens fünf
Jahre, bis ein Facharzt überhaupt eine entsprechende Diagnose stellen kann, wobei sich immer wieder zeigt, dass die
Entwicklung der BPS schon während der Kindheit oder im jugendlichen Alter ihren Anfang nahm.
Nicht selten leiden auch die Mütter dieser Kinder an einer psychischen Störung. Inzwischen hat sich die
Erkenntnis durchgesetzt, dass hierbei genetische Ursachen eine nicht zu unterschätzende Rolle spielen. Bestätigt
wird dies zum Beispiel durch eine Studie aus dem Jahre 2003, in die Untersuchungsergebnisse von 67 Zwillingspaaren
mit BPS einflossen.
Wie lassen sich bipolare Störungen schon bei Kindern erkennen?
Nun sind ja Stimmungsschwankungen bei Kindern durchaus als normal anzusehen. Wenn ausgeprägte
Stimmungsschwankungen bei einem Kind tage- oder wochenlang andauern und überdies ein deutlicher Mangel an
Freundschaften besteht, sollten Eltern aufhorchen. Falls also Gründe zu einer solchen Vermutung bestehen, sollten
Sie einen Termin mit einem Facharzt für Kinderpsychiatrie vereinbaren.
Typische BPS-Symptome im Vergleich
Menschen mit einer bipolaren Störung schwanken immer wieder zwischen Manie und Depression. Die Phasen der
sogenannten Hypomanie gehören zu den manischen Episoden, die aber kaum ausgeprägt sind. Dennoch wirken die
Betroffenen auf Außenstehende als sehr glücklich.
Eine Psychose ist im Vergleich dazu etwas einfacher auszumachen. Hierbei lügt sich der Erkrankte gern in die
eigene Tasche und fällt ebenfalls durch übertriebene Selbstüberschätzung auf. Häufig geht es um Verfolgungswahn
oder andere Wahngedanken und Halluzinationen. Vor allem während der psychotischen Episode ist der Kranke aggressiv
und neigt zu Wutausbrüchen.
Oftmals bestehen gleich mehrere Störungen parallel
Gerade bei Kindern ist die BPS oftmals mit einer Aufmerksamkeitsdefizitstörung verbunden. Bei den Erwachsenen
treten eher Egomanie und Narzissmus hinzu, was in Summe eine Gefahr für Angehörige, Bekannte und Freunde bedeuten
kann. Dazu sollte man wissen, dass Narzissten eigentlich über ein viel zu geringes Selbstwertgefühl verfügen, was
sie meinen, auf Kosten anderer ausgleichen zu müssen.
Suchtverhalten ist fast die Regel
Menschen mit BPS neigen zu übermäßigen, manchmal exzessiven Alkoholkonsum, obwohl sie nicht unbedingt eine
körperliche Abhängigkeit entwickeln. Sexsucht wird allerdings nicht so häufig wahrgenommen, wenngleich manische
Episoden diesbezüglich durchaus mit risikoreichem Verhalten einhergehen.
Unterscheidungsmerkmale zu anderen psychischen Störungen
Anders als bei der generalisierten Angststörung gibt es bei der PTBS ein Trauma als realen Hintergrund für die
Panikattacken. Halluzinationen sind typisch für eine Schizophrenie beziehungsweise schizoaffektive Störung. Ein
einmaliger „psychischer Ausrutscher“ ist die schizoaffektive Störung, während für die (bizarre) Schizophrenie ein
chronischer Verlauf typisch ist.
Dennoch sind Halluzinationen bei Menschen mit BPS nicht einmal selten, aber die Betroffenen verlieren ihren
Bezug zur Realität nicht in dem hohen Maße wie der Schizophrene. Menschen mit Borderline leiden ebenfalls heftig
unter Stimmungsschwankungen, allerdings manchmal schon im Minutentakt.
Habe auch ich möglicherweise eine BPS? – Ein einfacher Test
- Manchmal bin ich irre aktiv und könnte Bäume ausreißen.
- Manchmal bin ich ohne erkennbaren Grund sehr gereizt und zugleich aufgedreht.
- Manchmal wird mein Kopf so schnell von Gedanken durchströmt, dass ich mit dem Reden gar nicht mehr
hinterherkomme.
- Es gibt Zeiten, in denen ich richtig geil bin und dann wieder absolut lustlose Phasen.
- Manchmal fühle ich mich total großartig und unantastbar, dann wieder plagen mich große Selbstzweifel.
- Es gibt elende, antriebslose Tage, da mag ich so gar nicht aus dem Bett aufstehen.
- Ich kann nicht jeden Tag gleich gut oder motiviert arbeiten.
- An manchen Tagen kann ich einfach nicht allein sein, dann wieder widern mich andere Menschen geradezu
an.
- Manchmal finde ich mein Leben absolut toll, an anderen Tagen ist alles nur in einem zähen Grauschleier
eingehüllt.
- Es gibt Momente, in denen ich extrem wütend bin und das meine Mitmenschen auch spüren lasse.
Falls Sie zwei oder noch mehr dieser Aussagen für sich in Anspruch nehmen können, wäre ein Gespräch darüber mit
einem Facharzt nicht verkehrt.
Behandlung der BPS
Hierbei ist zwischen der akuten und der vorbeugenden Therapie zu unterscheiden. Bei Ersterer geht es darum, zu
starke Stimmungsschwankungen mit geeigneten Medikamenten abzufangen. Nur in schweren Fällen, die mit Suizidgefahr
einhergehen, ist ein stationärer Klinikaufenthalt angezeigt.
Mit der sogenannten Phasenprophylaxe wird dagegen versucht, künftige Episoden, so gut es eben geht, zu
verhindern. Neben einer eingehenden Psychotherapie kommen in der Regel auch dabei Medikamente zum Einsatz. Diese
enthalten zum Beispiel Lithium und können Nebenwirkungen wie Müdigkeit, Übelkeit und
Gewichtszunahme nach sich ziehen.
Wer Lithium nicht gut verträgt oder gar nicht darauf anspricht, bekommt zum Beispiel Valproat,
das den Wirkstoff Valproinsäure enthält. Dieses Antikonvulsivum hat sich besonders bei der
Phasenprophylaxe bewährt. Seroquel ist der Handelsname von Quetiapin, ebenfalls
ein gut geeignetes Mittel gegen BPS mit relativ schnellem Phasenwechsel. Und für die Kurzzeit-Therapie der
depressiven Episoden wird oft Venlafaxin verschrieben.
Alternative Behandlungsmethoden
Den Schlaf mit Baldrian zu fördern, kann auf keinen Fall schaden. Bei Johanniskraut und Ginseng wurde allerdings
schon beobachtet, dass dadurch manische Episoden oder Psychosen verstärkt wurden. Was sich außerdem als sehr
effektiv erwiesen hat, ist das Führen eines Stimmungstagebuchs, weil der Betroffene durch die täglichen
Eintragungen seine Gefühle viel bewusster wahrnimmt. Es gibt auch vereinzelte Berichte über gute Erfahrungen mit
CBD-Öl wie Cannabidiol (C21H30O2).
Von hoher gesellschaftlicher Relevanz
Die BPS ist eine Behinderung. Gemäß einer Statistik des deutschen Sozialverbandes VdK gehen jedes Jahr allein in
Deutschland circa 75.000 Menschen aufgrund einer psychischen Erkrankung vorzeitig in den Ruhestand. Somit waren im
Jahre 2016 psychische Störungen die häufigste Ursache bei den Erwerbsminderungsrenten. Gemäß Gerichtsurteil reicht
bei BPS ein Grad der Behinderung (GdB) von 40 aus, um die Anerkennung der Berufsunfähigkeit zu
erwirken. Übrigens: Wenn Sie solche Informationen interessieren, dann fordern Sie unbedingt meinen
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Dieser Betrag wurde im Januar 2021 erstellt.
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